Das Ende der Ausreden

14.9.2018

Das Ende der Ausreden

Das Ladenetzwerk von Ionity macht Elektroautos alltagstauglich.
Reichweitenangst ist bald kein Thema mehr.
Interview mit Geschäftsführer Dr. Michael Hajesch.

Ionity, das Joint Venture der Automobilhersteller BMW, Daimler, dem VW-Konzern und Ford, beseitigt die größten Hürden, die dem Durchbruch der E-Mobilität im Wege stehen: Die mangelhafte Lade-Infrastruktur, lange Ladezeiten und Reichweitenangst. Ionity knüpft ein dichtes Netz von Hochleistungs-Ladestationen in Europa. In wenigen Jahren wird ein Elektroauto damit sowohl auf Kurz- als auch auf Langstrecken genauso flexibel einsetzbar sein wie ein Fahrzeug mit Verbrennungsmotor.

Dr. Michael Hajesch

Herr Hajesch, Reichweitenangst, das zu kleine Ladenetz und die langen Ladezeiten sind für Autofahrer die drei Hauptgründe, sich kein Elektroauto zu kaufen. Sind diese Gründe nachvollziehbar?
Vergleicht man die Zulassungswerte der vergangenen Monate mit dem Vorjahr in Deutschland, sehen wir eine Steigerung der Nachfrage nach Elektroautos um zwei Drittel. Auch im Vorreiterland Norwegen legte der Absatz nochmals um 40 Prozent zu. Das Thema Elektromobilität ist in den Köpfen angekommen. Die Zurückhaltung bei der Anschaffungsplanung eines neuen Elektrowagens dürfte viel mehr damit zusammenhängen, dass die Kunden abwarten, bis die neue Generation der Fahrzeuge mit höheren Leistungswerten auf den Markt kommt. Bis zum Jahr 2020 rechnen wir mit einer signifikant höheren Marktdynamik. Richtig ist, dass das Ladenetz generell sich erst am Anfang einer spannenden Entwicklung befindet. Betrachtet man allerdings auch hier die Marktaktivitäten aller Beteiligten, passiert im Moment sehr viel. Insofern sehe ich eine sehr positive Entwicklung, die gerade stark Fahrt aufgenommen hat.

Bis 2020 will Ionity ein High-Power-Charging-Netz aus 400 Ladestationen in 25 europäischen Ländern errichten. Sind Sie im Plan? Wie groß sind die Widerstände?
Wir halten an unserem Plan unverändert fest und sind mit Blick auf die bisher abgeschlossenen Standortverträge und den täglich optimierten Prozessen zuversichtlich, dass wir unser Ziel bis 2020 erreichen. Unsere tägliche Herausforderung besteht darin, Standorte individuell zu bewerten und die bestmöglichen für unser Ionity-Netzwerk zu sichern.

Wo werden die Ladestationen entstehen?
Aktuell sind wir in der Feinplanung unseres Netzwerkes in Europa. Mit unseren strategischen Standortpartnern haben wir uns zwar quantitativ auf eine Anzahl von Standorten verständigt. Erst mit der Detailprüfung der Rahmenbedingungen der jeweiligen Standorte können wir aber sehen, wo wir technisch stehen. Um nur ein Beispiel zu nennen: Ist die Entfernung eines Mittelspannungsanschlusses in unserem gewünschten Aktionsradius oder zu weit weg? Daraus leiten sich unsere nächsten Schritte sowie mögliche Alternativüberlegungen ab. Unser Anspruch ist ein Ionity-Ladepark alle 120 Kilometer. In Deutschland planen wir derzeit mit einer hohen zweistelligen Anzahl an HPC-Ladeparks.

Die ersten von 400. Alle 120 Kilometer wird auf Europas Autobahnen eine Ionity-Ladestation stehen.

 

Wen suchen Sie als Partner für Ihr Ladenetz?
Bei der Auswahl unserer strategischen Standortpartner achten wir auf viele Kriterien. Um nur einige zu nennen: Standorte möglichst direkt an der Autobahn, Verfügbarkeit von exzellenter Infrastruktur wie etwa guten Restaurants, Sanitäranlagen und einen strategischen Ansatz in Sachen E-Mobilität.

Wenn das Ladenetz fertig ist, was bedeutet das für den Fahrer eines Elektroautos?
Nach dem aktuellen Ist-Stand erfordert das Reisen auf Langstrecken noch eine kleine Planung im Vorfeld, welche Stationen wie und wo angefahren werden können. Wenn das Ionity-Netzwerk fertiggestellt ist, hat ein Fahrer eines Elektroautos die Gewissheit, dass er bei uns alle 120 Kilometer sehr schnell laden kann und sich auf einheitliche Abläufe im gesamten Ionity-Netzwerk verlassen kann.

Wird der Ladevorgang eines Elektroautos vergleichbar mit dem Tanken eines Benziner oder Diesel?
Der Ladevorgang an sich ist durchaus identisch: Parken, laden, zahlen. Natürlich setzen wir bei unserem Netzwerk auf moderne Standards, Bedienungsfreundlichkeit, sowie komfortable Bezahlvorgänge. Unsere High-Power-Charger arbeiten mit bis zu 350 Kilowatt Ladeleistung. Das ist siebenmal schneller als bei heute üblichen Schnellladesäulen. Wir rechnen mit Standzeiten zwischen 10 und 30 Minuten, nicht länger. Viel schneller geht Tanken auch nicht.

Welche Fahrzeuge sind für das Laden am Ionity-Netz geeignet?
Das IONITY-Netzwerk setzt auf den europäischen Ladestandard Combined Charging System (CCS).

Kann sich der Fahrer darauf verlassen, Ökostrom zu laden, oder fährt man in Polen mit Kohle-, in Frankreich mit Atomstrom?
Bei Strom fokussieren wir uns grundsätzlich auf Ökostrom, wie zum Beispiel in Deutschland mit unserem Partner Polarstern. Da der europäische Stromanbietermarkt allerdings heterogen ist, erfolgt die Anbieterwahl standort- und länderbezogen individuell.

Kann Ionity mit dem Ladenetz profitabel sein?
Die Höhe der Profitabilität hängt von der Akzeptanz und Marktdurchdringung der Elektromobilität ab. Als Unternehmen verfolgen wir natürlich auch wirtschaftliche Interessen – hier blicken wir optimistisch in die Zukunft.

Was wird „einmal Vollladen, bitte!“ bei Ionity kosten?
Im Rahmen unserer aktuellen „Trial Phase“ kostet ein voller E-Tank derzeit im europäischen Ionity-Netzwerk 8 Euro.

Die Fragen stellte Guido Reinking

INFO KOMPAKT

  • An Ionity sind die Automobilhersteller BMW Group, Daimler, Ford Motor Company sowie der Volkswagen-Konzern mit den Marken Audi und Porsche vertreten.
  • Das Unternehmen knüpft ein High-Power-Charging-Netz aus 400 Ladestationen in 25 europäischen Ländern.
  • Elektroautos können dort mit bis zu 350 Kilowatt laden, sieben mal schneller als an herkömmlichen Ladesäulen.
  • Geladen werden können nach europäischem CCS-Standard prinzipiell Fahrzeuge aller Hersteller.

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