Aufbruch in die dritte Dimension

14.9.2018

Aufbruch in die dritte Dimension

Der Hype um Paketdrohnen ist vorerst verflogen. Jetzt tüfteln Ingenieure an Lufttaxis, die den Kurzstreckenverkehr in Metropolen revolutionieren sollen.

Ein Volocopter könnte auch bald über New York City fliegen.

© Volocopter

 

Jeff Bezos war bester Laune. Im schwarzen Smoking, mit einem hellen Seidenschal lässig um den Hals geschwungen, plauderte der Amazon-Gründer anlässlich einer Preisverleihung in Seattle über seine nächste große Vision. Unter den Namen „Amazon Prime Air“ sollten unbemannte Drohnen Pakete, die maximal 2,5 Kilogramm wiegen, überall hin liefern können. „Man braucht nur einen Landeplatz, den man mit einem ausgedruckten Papier markieren kann. Das ist wirklich cool“, strahlte der Milliardär. Gesagt, getan: Den ersten Test absolvierte eine Paketdrohne am 7. Dezember 2016 im britischen Cambridge und lieferte innerhalb von 13 Minuten die Fracht zuverlässig ab.

Zwei Jahre später ist es um das „next big thing“ der Logistikbranche still geworden. Fragt man bei Amazon nach, verweist der Logistikgigant darauf, dass man sich immer noch in der Testphase befindet und alles blendend läuft. Intern schaut die Sache allerdings anders aus: Jeff Besoz‘ Geduldsfaden wird zunehmend dünner – der Unternehmenslenker will endlich Ergebnisse sehen. Schließlich verspricht die Auslieferung per Drohne für den Liefer-Giganten eine sprudelnde Einnahmequelle. Alleine der Versand von Medikamenten erreicht in den USA ein Volumen von rund 400 Milliarden Dollar. Dass Amazon dieses Klientel im Visier hat, zeigt der Zukauf von PillPack – einem Startup, das sich auf den Versand von Medikamenten spezialisiert hat. Andere Unternehmen wollen auf den lukrativen Zug aufspringen: Die DHL führt ebenfalls Probeläufe mit Drohnen durch, genauso wie der chinesische Onlinehändler JD.com. Doch sowohl in den USA als auch in Deutschland oder China werden Medikamente bislang immer noch von Lieferautos gebracht.

Flugtaxis – das „next big thing“?

Im Mittelpunkt des nächsten Hightech-Hypes stehen jetzt Flugtaxis. Schon in ein paar Jahren sollen die ersten Personentransporter in die Luft steigen und deutsche Unternehmen mischen bei der nächsten Stufe der Mobilität kräftig mit. Die in Gilching bei München beheimatete Firma Lilium will einen senkrecht startenden und landenden Elektro-Jet bauen, der fünf Passagiere mit einer Geschwindigkeit von bis zu 300 km/h bis zu 300 Kilometer weit transportieren soll. Der Jungfernflug hat bereits letztes Jahr stattgefunden, erste Investoren sind schon an Bord – der chinesische Internetriese Tencent ist mit 90 Millionen US-Dollar eingestiegen.

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Audi treibt die Idee der individuell nutzbaren Flugtaxis zusammen mit der Tochter Italdesign und Airbus noch weiter voran. Die Ingolstädter setzen beim „Pop.Up Next“ auf ein modulares Konzept: Die Passagierkabine wird entweder von einer Drohne oder einem Elektroauto transportiert. Das badische Start-Up Volocopter tüftelt seit sieben Jahren mit Unterstützung der Daimler AG an der Idee eines elektrischen Drohnen-Flugtaxis, das mit einer Reichweite von Rund 50 Kilometern den Personentransport in den Metropolen revolutionieren soll. Die Fortschritte sind vielversprechend: Im vergangenen schwebte der Volocopter acht Minuten in einer Höhe von 60 Metern über der arabischen Metropole Dubai und landete danach sicher.

Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) hat den Verkehr der Zukunft simuliert und kam zu dem Ergebnis, dass der Betrieb mehrerer Millionen solcher Drohnen über den Städten möglich ist. „Wir gehen in unseren Modellen pro Stadt von einigen hundert Drohnen bei Passagierdrohnen aus, da Vertikale Mobilität lediglich ein weiteres Verkehrsmittel und keine vollständige Substitution heutigen Massenverkehrs ist. Das Limit sind für uns stark der Nutzen für die Allgemeinheit und die soziale Akzeptanz. Bei den Drohnen, die zum Gütertransport eingesetzt werden, glauben wir nur an spezifische Anwendungsfälle, wie zum Beispiel entlegene Gebiete oder Arzneimittel“, ergänzt Gregor Grandl von Porsche Consulting.

Die Zulassung ist noch nicht geregelt

Nach Ansicht von Luftfahrtexperten sind eVTOL-Vehikel (Electric Vertical Take-Off and Landing) sicherer als Helikopter, leiser, extrem zuverlässig und deutlich günstiger. Interessant ist auch die Energiebilanz der elektrifizierten Fluggeräte. Grundsätzlich verbraucht der Luftverkehr mehr Energie als das Autofahren. Wie viel hängt vom aerodynamischen und technischen Konzept ab. Als eine grobe Faustregel gilt, dass Multirotorkonzepte einen Energiefaktor von 15 bis 20 gegenüber Elektroautos haben, während Tragflächenkonzepte den Energiefaktor vier bis acht benötigen. Deshalb kommt es auch bei dieser Form von urbaner Mobilität für eine gute Ökobilanz vor allem auf das Laden der Batterien mit Strom aus regenerativen Energiequellen an.

Dass bei Drohnen die Sicherheit eine große Rolle spielt, liegt auf der Hand. Zumal diese Fluggeräte auch autonom unterwegs sein werden. Laut dem Bayerischen Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr soll die Zulassung europaweit geregelt werden – noch in diesem Jahr könnten von der EU-Kommission detaillierte Vorschriften kommen. Allerdings dreht es sich dabei um Paketdrohnen. Für Fluggeräte, die mit der damit verbundenen Risikoeinstufung gesondert zugelassen werden müssen, wie zum Beispiel die Flugtaxis, dürften die Bestimmungen noch etwas auf sich warten lassen. Auch dafür liegen schon Konzepte eines Flugverkehrsmanagementsystems bereit. Es soll künftig einen sicheren autonomen Betrieb von Drohnen im unteren Luftraum, dem sogenannten U-space, ermöglichen.

Wolfgang Gomoll

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