4 >> MOBILITÄT VON MORGEN · VERNETZT - NACHHALTIG - AUTONOM PROF. PETER GUTZMER ist stellvertretender Vorstandsvorsitzender von Schaeffler, verantwortlich für Technologie. Prof. Gutzmer, Schaeffler hat ein Gemeinschafts- unternehmen mit Paravan gegründet, einem Spezialisten für die elektronische Steuerung von Autos. Warum? Wir freuen uns und sind stolz darauf, dass wir einen kompetenten und erfolgreichen Partner für eine wegweisende Zusammenarbeit gewinnen konnten. Mit dem Erwerb der erprobten ‚Drive- by-wire‘-Technologie von Paravan erschließen wir der Schaeffler Gruppe eine Schlüsseltechnologie für das autonome Fahren. Kein autonom fah- rendes Fahrzeug kommt an der ‚Drive-by-wire‘- Technologie vorbei. Für uns ist dies ein Meilen- stein und ein wichtiger strategischer Schritt in Richtung Chassis-Systempartner. Denn autono- mes Fahren wird die Branche stärker verändern als die Elektromobilität. Sie haben mit dem Mover ein autonom fahren- des Shuttle-Fahrzeug für den Innenstadtverkehr vorgestellt. Will Schaeffler zum Autohersteller werden? Mit der Studie Schaeffler Mover haben wir gezeigt, wie die urbane Mobilität von morgen aussehen könnte: Ein kleines, maximal wendiges Robo Taxi für vier Passagiere oder auch für den Gütertransport, je nach gewähltem Fahrzeugauf- bau. Das autonome Fahren ermöglicht ganz neue Möglichkeiten für Mobilitätsdienstleister, gerade im urbanen Umfeld. Das geht vom autonom fahrenden Taxi, über Paketzustellung on demand bis hin zur völlig automatisierten Lagerlogistik. Wir werden für solche Konzepte das sogenannte Rolling Chassis zuliefern. Fahrzeughersteller möchten wir nicht werden – das Feld überlassen wir anderen. Schaeffler hat in den vergangenen Jahren die Effizienz des Benzin- und Diesel-Antriebs ver- bessert. Welche Rolle spielt der künftig noch? Der klassische Verbrennungsmotor wird auch in Zukunft noch eine wichtige Rolle unter den An- triebsformen spielen und damit auch Bemühun- gen zur weiteren Verbesserung des Wirkungsgra- des. Wir müssen die Elektrifizierung des Antriebs vorantreiben – was wir seit fast 20 Jahren kontinuierlich machen – aber auch gleichzeitig konsequent die Effizienz des verbrennungsmoto- rischen Antriebs weiter steigern. Wie viel Potenzial liegt denn noch im Verbrennungsmotor? Da haben wir noch ein paar Asse im Ärmel. Bei Ottomotoren ist noch deutlich mehr Potential als beim Dieselmotor, der schon heute einen relativ hohen Wirkungsgrad aufweist. Ich sehe beim Ottomotor fünf bis sieben Prozentpunk- te realistische Effizienzverbesserung. Der Verbrennungsmotor profitiert aber deut- lich im Zusammenspiel von elektrifizierten Antriebssträngen. In der Hybridisierung liegt das größte Potential von bis zu 25 Prozent. Vor allem für schwere Lkw auf langen Strecken ist die Elektrifizierung keine Option. Was empfehlen Sie hier? Flüssige Kraftstoffe sind unschlagbar bei der Energiedichte. Es ist ebenfalls meine Einschät- zung, dass vor allem Langstrecken-LKW auch in Zukunft verbrennungsmotorisch angetrieben werden, eventuell auch mit steigendem hybridi- schen Anteil. Auch die Brennstoffzelle könnte auf längere Sicht Marktanteile gewinnen. Syntheti- sche Kraftstoffe bieten die attraktive Möglichkeit, die CO2-Emissionen nachhaltig zu senken. Sie passen so wunderbar zu den volatilen erneuer- baren Energien. Der Wind weht nicht gleichmäßig, weswegen ein Energiespeicher unabdingbar ist. Dieser Energiespeicher könnte Wasserstoff und damit – über den Umweg der Raffination – synthe- tische Kraftstoffe sein. Muss ein Unternehmen wie Schaeffler heute in beiden Welten zu Hause sein, in der digitalen wie der analogen, in der Elektronik wie in der Mechanik? Aktuell verzahnt Schaeffler mit seiner Strate- gie „Mobilität für morgen“ die drei zentralen Zukunftsthemen E-Mobilität, Industrie 4.0 und Digitalisierung. Der Schlüssel zu einer nachhalti- gen Mobilität liegt in der Gabe, beidhändig gleich stark zu agieren. Wir müssen sowohl Bewährtes kontinuierlich und konsequent weiterentwickeln, zugleich aber Neues erschließen. Veränderungen kommen und wir sind gerüstet. Schaeffler kann auch in Zukunft Komponente und System und wir werden smarte Produkte und Gesamtsysteme in digitale Geschäftsmodelle integrieren. „Veränderungen kommen – wir sind gerüstet.“