Wir lassen den Kunden entscheiden

15.11.2020

Interview mit Mark Adams, Chefdesigner von Opel

„Wir lassen den Kunden entscheiden“

 

Der Elektroantrieb wird das Autodesign nicht revolutionieren, sagt Opel-Chefdesigner Mark Adams. Die Menschen wollen grüne Technologie in vertrauter Verpackung.

 

Der Opel Mokka-E hat mehr als 300 Kilometer elektrische Reichweite. Das Modell gibt es aber auch mit Verbrennungsmotor. Fotos: Opel

Das kleine SUV Mokka ist der erste Opel, der von Anfang an auch mit Elektroantrieb angeboten wird. Und er zeigt das neue Gesicht der Marke mit dem Blitz. MOBILITÄT von MORGEN sprach mit Chefdesigner Mark Adams über die Verbindung des Mokka zum ersten Manta und warum automatisiertes Fahren im Design stärker berücksichtigt werden muss als die Elektrifizierung.

 

Mark Adams, Chefdesigner Opel

Herr Adams, wohin entwickelt sich das Automobildesign? Werden Elektroautos in Zukunft ganz anders aussehen als Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren?
Mark Adams: Die Elektrifizierung bringt insgesamt neue Möglichkeiten für das Automobildesign. Die Batterien und der Antrieb werden kompakter. Damit können wir die Proportionen des Autos, die sich im Großen und Ganzen seit 100 Jahren nicht sehr verändert haben, ganz neu gestalten.

Das heißt, nach der Antriebs- kommt die Design-Revolution?
Derzeit befinden wir uns in einer Übergangsphase, in der das Design eher vertraut bleibt mit dem, was die Kunden gewohnt sind. Wenn man unsere elektrifizierten Einstiegsmodelle wie den Corsa-e und den gerade vorgestellten Mokka-e betrachtet, dann sind wir hier genau diesen Weg gegangen. Die elektrifizierte Version unterscheidet sich beim Design nicht sehr deutlich von der mit Verbrennungsmotor. Wir haben in Kundenbefragungen festgestellt, dass die Kunden eine neue, grünere Technologie wollen, aber nicht unbedingt ein dramatisch neues Design. Wir lassen den Kunden entscheiden: Ihr könnt ein großartig gestaltetes Auto haben – wie den Mokka – mit dem Antrieb eurer Wahl.

Der Mokka-e wird sich also nicht sehr vom Benziner unterscheiden?
Nein, abgesehen von wenigen Details, die aus funktionaler Sicht nötig sind.

Möchte jemand, der Elektroauto fährt, nicht den Nachbarn und Kollegen zeigen: „Schaut her, ich fahre elektrisch“?
Vielleicht im Premium-Segment, wo die Menschen gerne darstellen wollen, was sie haben und das Auto sehr stark auch als Statussymbol sehen. Unsere Kunden wollen dagegen ein schickes Auto mit Top-Technologie, elektrifiziert oder als Verbrenner, benötigen aber kein Statussymbol.

Zeigt der Mokka das neue Gesicht von Opel für alle Modelle?
Wir werden keine Kopien in verschiedenen Größen gestalten – wie russische Matroschka-Puppen –, denn unser Kundenstamm ist sehr vielfältig. Aber es gibt eindeutig Elemente, die unsere DNA prägen werden. Zum Beispiel der Vizor – das Modul, das den Kühlergrill nachahmt und in einer einzigen Einheit die Beleuchtungssysteme, das Tagfahrlicht und das Opel-Logo auf der Vorderseite des Mokka integriert. Der Vizor wird sich in abgewandelter Form in jedem künftigen Opel-Modell finden: Er ist definitiv unser neues und zukünftiges Markengesicht. Und es wird wie bei einer Familie sein. Eltern und Kinder sehen nicht alle gleich aus, aber man sieht die Familienähnlichkeit. Man wird Opel künftig an dem Vizor erkennen und im Innenraum an dem sehr klaren Pure Panel, das nicht nur sehr einzigartig aussieht, sondern eine neue Art der Erfahrung bietet.

Ein aktueller Trend im Automobil-Design sind die zum Teil absurd großen Kühlergrills. Dabei brauchen moderne Auto weniger Kühlluft, nicht mehr. Opel wird diesem Trend demnach nicht folgen?
Das entspricht nicht unseren Werten. Nachdem Opel Teil der PSA-Gruppe geworden ist, sagte uns Carlos Tavares, der Chairman des Managing Boards von PSA: „Jetzt habt ihr die Freiheit, die Marke zu formen“. Die Designer und das gesamte Führungsteam um Michael Lohscheller haben viel Zeit damit verbracht, die Marke zu schärfen und festzulegen, wohin wir mit der Marke wollen. Letztlich sind wir auf zwei Begriffe gekommen, die das Design der Zukunft bestimmen: „bold“ und „pure“. „Bold“ bedeutet, etwas Kühnes zu tun – auch im Detail – und „pure“ bezieht sich auf die Essenz des deutschen Designs und hält die Dinge sauber und modern. Das neue Gesicht unserer Marke baut auf diesen Prinzipien auf, um anstelle einer traditionellen Ausführung des Kühlergrills das zu schaffen, was wir als „Vizor“ bezeichnen.

Und das haben Sie im Mokka umgesetzt?
Absolut. Die große Herausforderung war, etwas Unverwechselbares zu schaffen. Dazu haben wir uns die Markenikonen wie den Opel GT und besonders den Manta A angeschaut. Der Manta A hatte eine sehr puristische Frontansicht, horizontal, schlank, mit integrierten Scheinwerfern und dem Opel-Zeichen in der Mitte, wie eine Art Kompass. Das hat uns zu der sehr klaren Grafik des Vizor inspiriert, den man jetzt am Mokka sehen kann. Das sieht extrem modern aus, weil es sehr clean ist. Wir brauchen keinen großen Kühlergrill für den Effekt – und für die Antriebe erst recht nicht.

Bei manchen Autos stecken Sensoren im Grill, als seien sie nachträglich eingebaut worden. Wo platzieren Sie die Sensoren für Fahrerassistenzsysteme und automatisiertes Fahren?
Wir bringen die neueste Fahrassistenztechnologie mit Radar, Kameras und zukünftig optischen Abstands- und Geschwindigkeitsmessern (Lidar) für die automatisierten Fahrstufen 3 und 4 in unsere Fahrzeuge. Mit unserem Design können wir diese in Zukunft sehr elegant integrieren. Unser Design ist bereit für die Technologie von morgen.

Im Interior-Design dominieren heute große Bildschirme und Touchscreens für Fahrer und Beifahrer. Ist das die Zukunft?
Wir bevorzugen einen Mix aus Touchscreens und mechanischen Knöpfen. Für die Lautstärkeregler oder die Temperatur ist ein Drehknopf einfach am besten. Man bedient ihn intuitiv, ohne vom Verkehr abgelenkt zu sein. Die Steuerung vieler Funktionen kann man im Bildschirm unterbringen oder per Sprache steuern, aber die Priorität ist für uns, das Fahrerlebnis einfach und intuitiv zu gestalten.

Das Interview führte Guido Reinking

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