Schmierstoff der Zukunft

15.11.2020

In der Ideenschmiede von LIQUI MOLY

Schmierstoff der Zukunft

 

© Jennifer Weyland

Der Motoröl- und Additiv-Spezialist aus Ulm kann nicht nur Marketing. Im Entwicklungslabor von LIQUI MOLY entstehen Kraftstoff- und Ölzusätze für alles, was einen Motor hat – bis hin zum Hybrid-Auto.

Alles begann mit einem Patent: 1957 brachte LIQUI MOLY ein Öl-Additiv heraus, das Motoren länger leben lässt. Die US Air Force hatte während des Zweiten Weltkriegs entdeckt, dass MoS2 (Molybdändisulfit) die Notlaufeigenschaften von Flugzeugmotoren verbessert, die nach Beschuss ihr Motoröl eingebüßt hatten. „Mit MoS2 war dann noch eine Notlandung möglich. Dieses Patent war der Startschuss für LIQUI MOLY“, sagt David Kaiser, Leiter Forschung und Entwicklung und Anwendungstechnik von LIQUI MOLY. MoS2, ein graphitartiger Festschmierstoff, zeigt sich auch in Friedenszeiten als nützlicher Helfer im Motor. Es verbessert die Schmiereigenschaften des Öls, verlängert die Lebensdauer des Motors und verringert den Verbrauch. Es war das erste wirksame Öl-Additiv für Motoren. Mittlerweile verkauft LIQUI MOLY 4000 Produkte, die auf 700 verschiedenen Rezepturen beruhen.

Viele der Schmierstoffe, Additive, Pflege- und Reparaturprodukte hat Diplom-Chemiker David Kaiser mit seinem 33-köpfigen Team selbst kreiert: „Wir entwickeln hier Produkte für alles, was einen Motor hat – vom Boot bis zum Mähdrescher, vom Motorroller bis zum Rennmotorrad, vom Mini bis zum Rennwagen.“

Das Unternehmen ist vor allem durch seine omnipräsente Werbung und seinen unorthodoxen Chef Ernst Prost bekannt. Regelmäßig wählen die Leser der großen deutschsprachigen Autozeitschriften LIQUI MOLY zur besten Schmierstoffmarke. Doch ohne Innovationen und permanente Qualitätssicherung wäre das Markenversprechen kaum einzulösen. MOBILITÄT von MORGEN durfte einen Blick in das Labor von LIQUI MOLY werfen.

Eine der jüngeren Entwicklungen ist Cera Tec, ein Öladditiv auf Basis von Mikrokeramik. Es verhindert nicht nur den direkten Kontakt von Metallflächen im Motor und reduziert somit den Verschleiß. Mit einer Teilchengröße von 0,5 Mikrometer geht es auch durch die immer feiner werdenden Ölfilter moderner Motoren. „Additive können nur wirken, wenn sie nicht im Ölfilter gefangen werden“, weiß David Kaiser. Deshalb ist die stete Messung der Teilchengröße von Festschmierstoffen eine der täglichen Aufgaben der Qualitätssicherung.

Im Labor am Firmensitz in Ulm wird auch an speziellen Schmierstoffen für elektrifizierte Autoantriebe gearbeitet. An einem Tester simulieren die Entwickler, wie Kolben oder Lager unter Druck und Bewegung auf Schmierstoffe und Additive reagieren. Auch für Plug-in-Hybridfahrzeuge werden Additive empfohlen – als Ergänzung im Motoröl und im Kraftstoff, denn: „Der Verbrennungsmotor läuft beim Plug-in-Hybrid, der längere Strecken elektrisch fährt, nur selten. Das ist gut für die Umwelt, aber schlecht für den Motor“, weiß David Kaiser (lesen Sie auch „Damit der Hybrid auch sauber läuft“ >).

Weil Hybrid-Fahrzeuge seltener getankt werden, altert der Kraftstoff. David Kaiser: „Auch Kraftstoffe haben eine begrenzte Haltbarkeit. 90 Tage nach der Produktion altern sie wesentlich stärker und sollten deshalb innerhalb von drei Monaten verbraucht werden.“ Durch Sauerstoff oxidiert der Kraftstoff, ob Benzin oder Diesel. Auf einem Regal im Labor steht ein Glas mit gealtertem Diesel, der verkeimt ist. Deutlich sichtbar haben sich Ablagerungen aus abgestorbenen Bakterien und sogar Schimmelpilze gebildet. Auch in den Tanks von Wohnmobilen und anderen selten genutzten Fahrzeugen kann der Diesel verkeimen. Solche Rückstände im Tank verstopfen Kraftstofffilter. In den Injektoren sorgen sie für eine unsauberere Verbrennung; das erhöht den Verbrauch und verringert die Motorleistung. Im Extremfall gelangt unverbrannter Kraftstoff ins Öl und in die Abgasanlage. Das ist schlecht für den Motor und für die Umwelt.

An einem hochauflösenden Mikroskop zeigt David Kaiser in seinem Labor, wie die Düse eines modernen direkteinspritzenden Motors nach kurzer Zeit aussehen kann – selbst wenn der Kraftstoff frisch ist: Harzige, verrußte Ablagerungen verengen die Austrittsöffnungen der Düse, die dünner sind als ein menschliches Haar. „Solche Verunreinigen verändern den Querschnitt der Düsen und damit den Kraftstofffluss. Ablagerungen an den Düsennadeln behindern das exakte Öffnen und Schließen der Injektoren. Diese können dann nachtropfen. Der Kraftstoff verbrennt unvollständig und verdünnt das Öl. Das kann den Motor beschädigen“, weiß David Kaiser. „Nach 10.000 Kilometern stören solche Ablagerungen bereits.“ Moderne Motoren sind da sehr empfindlich. „Unsere Additive verhindern das. Sie stabilisieren den Kraftstoff oder reinigen die Injektoren und sorgen so für eine saubere Verbrennung.“ Alle 2.000 bis 5.000 Kilometer empfiehlt Kaiser die Beigabe eines Kraftstoffadditivs wie „Super Diesel Additiv“ oder „Injection Reiniger“.
Das Beispiel zeigt, wie sich LIQUI MOLY immer neue Anwendungsfelder erschließt und mit dem technischen Fortschritt im Fahrzeugbau Schritt hält. „Die Haltbarkeit moderner Motoren mit ihren kleinen Hubräumen, Direkteinspritzung und Turbo-Aufladung geht zurück. Hier steuern wir mit unseren Produkten gegen“, sagt Chefentwickler David Kaiser.

 

  • Downsizing-Motoren mit weniger Hubraum und Zylindern bedeutet weniger Ölvolumen, höheren Ölumlauf und stärkere Druckbelastung.
  • Turboaufladung fördert die Bildung von Ablagerungen und erhöht die Temperaturbelastung.
  • Direkteinspritzer auch beim Benziner neigen verstärkt dazu, das Motoröl zu verdünnen und produzieren schädliche Rußpartikel.
  • Alternative Kraftstoffe (Pflanzenöl, Alkohol) fördern Ölverdünnung, Oxidation und Korrosion.
  • Dünnflüssige Motoröle verringern den Verbrauch, verlagern aber die „Schmieraufgabe“ zu den Additiven im Motoröl, die damit an Bedeutung gewinnen.

 

Um die gesetzlich geforderten Limits bei CO2, Verbrauch und Abgas einhalten zu können, müssen diese Komponenten über Jahre fehlerfrei funktionieren. Ohne entsprechende Additive in Motoröl und Kraftstoff ist das kaum zu gewährleisten. „Es gibt bereits Hersteller, die die Zugabe von Additiven bei der Inspektion vorschreiben“, weiß David Kaiser.

Der Experte zeigt ein Motorbauteil mit besonders schlimmen Ablagerungen und Verkrustungen: das Abgas-Rückführungsventil (AGR) eines modernen Dieselmotors. „Das ist eine der beliebtesten Fehlerquellen“, weiß David Kaiser. Eigentlich soll es die Verbrennungstemperatur im Zylinder senken und damit Stickoxide vermindern – jener Schad-stoff, wegen dem einige Kommunen Fahrverbote gegen ältere Diesel verhängt haben. Ist das AGR verrußt und verkrustet, arbeitet es nicht mehr korrekt und das Abgasverhalten des Autos entspricht nicht mehr den Vorschriften. „Unsere Additive beugen dem vor“, sagt David Kaiser.

Rußablagerungen an der Einspritzdüse eines Motors.

Additive halten die Düsen dagegen sauber.

Auch abseits der Straße erschließt sich LIQUI MOLY neue Anwendungsfelder. So konnte bei einem Test das Ölwechsel-Intervall eines Mähdreschers durch den Zusatz von Additiven von 200 auf 350 Betriebsstunden fast verdoppelt werden. Baumaschinen, die in Innenstädten mittlerweile einen hohen Anteil an den Luftschadstoffen haben, sind ein weiterer Markt. „LIQUI MOLY macht Produkte für alles, was einen Motor hat“, sagt David Kaiser. So schnell geht seinen Entwicklern in Ulm die Arbeit nicht aus, da ist sich der Diplom-Chemiker sicher.

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