Männer die auf Autos starren

5.10.2016

MÄNNER DIE AUF AUTOS STARREN

Große Automessen wie die von Paris werden immer absurder.

Guido Reinking

Guido Reinking

„Das ist doch hier eine Veranstaltung für Herren mittleren Alters“, sagt ein Auto-Manager, der lustlos durch die Gänge geht. „Frauen, junge Menschen? Fehlanzeige.“ Sie treten höchstens als Hostessen auf. Schmückendes Beiwerk.

Messen richten sich an drei Zielgruppen: Journalisten, Fachbesucher und das breite Publikum. Für Journalisten, die ihren Beruf ernst nehmen, sind solche Branchentreffs nach wie vor ein Schlaraffenland, trifft man doch nie so viele interessante Quellen und Kontakte in so kurzer Zeit. Andererseits wird auf klassischen Messen wie in Paris, Genf oder Detroit nur noch ein Teil der Branche abgebildet. Junge Startup-Unternehmen fehlen hier ebenso wie die neuen Player aus der IT-Industrie, die ins Mobilitätsgeschäft drängen.

Dergleichen wird auch nirgendwo diskutiert. Die Kommunikation verläuft äußerst einseitig von Autohersteller zu Besucher. Nicht von ungefähr ähneln die Messestände oft Bunkern, in denen die Führungskräfte Schutz suchen vor der unbequemen Realität. Die Eingänge zu diesen Festungen sind versteckt und gut bewacht. Man sieht besser hinaus als hinein. Transparenz ist offenbar nicht gewünscht. Selbst die Kommunikatoren der Autohersteller verlassen nur selten diese Trutzburgen, in denen sie ihre Chefs mit ausgesuchten Informationen füttern um sie in der Illusion zu wiegen, die schöne alte Autowelt da draußen sei noch in Ordnung. Gerne führen sie ihnen handverlesene Haus- und Hof-Journalisten zu, die dann bestätigen, wie gut doch alles läuft. Eine Branche kocht im eigenen Saft. Aber die Suppe will nicht mehr jedem schmecken.

Selbst für das breite Publikum lohnt der Besuch einer klassischen Automesse immer weniger: Mittlerweile hat jede größere Stadt eine Automeile, die einen guten Überblick über das Neuwagen-Angebot gibt. Muss man sich dazu noch den Stress eines Messebesuchs geben?

Und die Autohersteller sollten sich fragen: Sind die hohen zweistelligen Millionenbeträge, die ein Messeauftritt kosten kann, noch gut investiert? Gleich drei große Marken fehlten in Paris: Ford, Mazda und Volvo. Was wäre die Alternative? Die IAA ist 2015 in Frankfurt mit der New Mobility World einen ersten Schritt in die richtige Richtung gegangen: Hier wurden aktuelle Themen diskutiert, konnten sich Startup-Unternehmen und neue Player aus der IT präsentieren und erklären, was sie unter „Neuer Mobilität“ verstehen. 2017 soll es eine Neuauflage geben. Nicht alle Autohersteller sind davon begeistert: Sie sehen mit Argwohn, wie die Aufmerksamkeit von ihren polierten Karossen auf andere Attraktionen gelenkt wird. Aber wollen sie wirklich, dass Automessen zu Ausstellungshallen für gebogenes Blech werden, während man die spannenden Themen woanders diskutiert?

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