Ein Superhirn für das Auto von morgen

29.8.2017

EIN SUPERHIRN FÜR DAS AUTO VON MORGEN

Die neue AI-Plattform von OSR Enterprises könnte die Autohersteller vor dem Silicon Valley retten

Im Wettbewerb um die Datenhoheit im Auto tritt ein neuer Player auf den Plan. Er könnte zum entscheidenden Verbündeten der etablierten Autohersteller im Kampf um die Mobilität von morgen werden. OSR Enterprises hat eine revolutionäre Hardware- und Softwareplattform für vernetzte und autonome Fahrzeuge entwickelt. Sie ermöglicht automatisiertes Fahren ebenso wie neue, datenbasierte Geschäftsmodelle. Damit könnte die Autoindustrie eine ihrer größten Herausforderungen bestehen: Die Giganten aus dem Silicon Valley wollen mit ihrer IT-Kompetenz ins Auto und drängen sich zwischen die Autohersteller und ihre Kunden.

Gegründet wurde OSR Enterprises 2011 von Orit Shifman, einer israelischen Unternehmerin mit klaren Vorstellungen, wie die neue Datenwelt im Auto aussehen sollte: „In Zukunft werden Daten die entscheidende Basis für Geschäftsmodelle in der Mobilität sein. Die neue Ära erfordert eine sichere Architektur und maschinelles Lernen. Dazu muss man denken wie ein High-Tech-Unternehmen und nicht wie ein Automobilhersteller oder klassischer Zulieferer.“

Orit Shifman, Vorstandsvorsitzende OSR Enterprises AG

Orit Shifman, Vorstandsvorsitzende OSR Enterprises AG

Das Problem: Bisher sind die Daten auf dutzende Steuergeräte (ECUs) verteilt. In komplexen Autos können es mehr als hundert sein. „Wir konsolidieren diese ECUs in eine einzige Einheit, unser Automotive Multi-Domain AI-Brain“, sagt Orit Shifman. Damit könne der Autohersteller die Zahl der Steuergeräte auf 30, 10 oder weniger reduzieren. „In dieser zentralen Recheneinheit, auf separaten, gesicherten Domains, läuft alles – vom Infotainment bis zu autonomen Fahrfunktionen, von der Vernetzung bis hin zur Steuerung des Antriebs.“ Einige der weltweit führenden Experten für künstliche Intelligenz (KI) sind Teil des OSR Teams. „Wir verwenden KI nicht nur um die Datensicherheit sicherzustellen oder um fahrerlose Taxis zu ermöglichen. Wir versetzen Hersteller in die Lage, komplett neue personalisierte Dienste zu entwickeln ohne die Privatsphäre zu beeinträchtigen“, sagt Orit Shifman.

Eine weiteres Argument für die OSR-Lösung: Die aktuelle IT im Auto ist extrem verwundbar für Angriffe von Hackern. „Wir haben drei unseren Programmierern gesagt: Hackt ein Auto! Schon bald hatten sie einen Weg gefunden“, sagt Moshe Nissan. Er war 26 Jahre in der israelischen Armee, zuletzt als Oberst des „National Center for Cyber Security“, der Abwehreinheit für Angriffe auf die IT-Infrastruktur des Landes. Jetzt arbeitet er für OSR Enterprises. Seine Programmierer konnten von außen die Steuerung des weit verbreiteten Autotyps übernehmen und eine Vollbremsung auslösen. „Es ist unmöglich, eine Architektur, die prinzipiell aus den 80er Jahren stammt, für ein Zeitalter anzupassen, in dem Autos ständig online sind“, sagt Moshe Nissan. Wer das nicht glaubt, dem zeigt er das Video des Hacker-Angriffs.

Rund 100 Ingenieure arbeiten in den beiden Zentren von OSR Enterprises in Israel und in der Schweiz daran, das Auto der Zukunft für diese Herausforderungen fit zu machen. Das Unternehmen wächst schnell. Binnen Jahresfrist sollen es schon 300 Mitarbeiter sein.

Auf der New Mobility World während der IAA stellt OSR Enterprises die dritte Generation seiner zentralen Fahrzeug-Steuerung vor. Sie verarbeitet mit ihren neuronalen Netzen doppelt so viele Daten wie das Vorgängermodell. Künstliche Intelligenz stellt die Lernfähigkeit des Systems sicher. Ein paar der führenden KI-Experten arbeiten daran. Zudem kooperiert das Unternehmen, das bisher weitgehend im Verborgenen gearbeitet hat, mit bekannten IT-Unternehmen: Mit dem deutschen Software-Konzern SAP wird OSR Enterprises die Cloud des Systems aufbauen.

Dass Orit Shifman erst jetzt an die Öffentlichkeit geht, hat einen Grund. „Wir haben mindestens 3 Jahre Entwicklungsvorsprung.” Den wollte man nicht gefährden. Das Unternehmensziel ist entsprechend hoch gesteckt: OSR Enterprises will der führende Anbieter für die Elektronikplattform von Fahrzeugen werden.

Kommentare sind geschlossen.