80 Prozent Reichweite in 15 Minuten – das ist ein Quantensprung

14.9.2018

„80 Prozent Reichweite in 15 Minuten – das ist ein Quantensprung.“

Marco Grinblats, Geschäftsführer HARTING Automotive im Interview

 

Marco Grinblats

Herr Grinblats, Harting ist bei Volkswagen und BMW Systemlieferant für die Ladeausrüstung von Elektroautos. Wie kam Ihr Unternehmen, ein Spezialist für Verbindungstechnik, dazu?
Wir sehen die Elektromobilität als Zukunfts- und Wachstumssektor. Harting entwickelt und produziert Ladeequipment für Elektro- und Plug-in-Hybridfahrzeuge. Wir bieten Ladekabel für alle Standards weltweit an, für Ladeströme von Wechselstrom über Drehstrom bis Gleichstrom, von 230 bis 1.000 Volt. Dazu zählen unter anderem Mode-2-Ladekabel mit integrierter Temperaturüberwachung und DC-Fehlerstromerkennung und Mode-3-Ladekabel in unterschiedlichen Ausführungen. Für alle relevanten Märkte passende, maßgeschneiderte Lösungen zu haben, das hat die Autohersteller überzeugt.

Das nach wie vor dünne Ladenetz gilt als eines der größten Hindernisse für die Elektromobilität. Was kann Harting hier tun?
Die Kunden wollen ein hohes Maß an Flexibilität beim Laden. Mit unserem steckfähigen System können Autofahrer das Ladegerät ihres Fahrzeugs zum Beispiel mit dem für Deutschland, die Schweiz oder Italien passenden Schukostecker verbinden. Außerdem deckt unser Portfolio zusätzlich den für Europa geltenden DC Ladeschnittstellen-Standard Combo 2 für schnelles Gleichstromladen ab.

Schnelles Laden ist ein gutes Stichwort. Ein weiteres Problem von Elektroautos sind die langen Ladezeiten. Ist hier eine Lösung in Sicht?
Harting hat ein System entwickelt, dass die Ladezeiten nochmals deutlich verkürzt. Ohne unseren Kunden hier vorgreifen zu wollen, kann man sagen: Die Technologie wird es ermöglichen, das Laden eines Elektrofahrzeugs ähnlich schnell zu bewerkstelligen wie wir es heute beim Tanken kennen. 80 Prozent Reichweite in 15 Minuten – das ist ein echter Quantensprung.

Das klingt nach einem Durchbruch in der Ladetechnik. Wie ist das möglich?
Wenn Sie viel Energie in so kurzer Zeit übertragen wollen, muss der Kabel-Querschnitt größer werden. Damit wird aber das Ladekabel zu dick und ist kaum noch zu handhaben. Die Alternative ist, das Kabel zu kühlen. Diesen Weg sind wir gemeinsam mit unserem Kunden gegangen. Durch die Kühlung ist das Kabel flexibel geblieben und kann dennoch mit 800 Volt Spannung Ladestrom eine Leistung von 350 Kilowatt übertragen. Harting liefert dabei auch den gesamten Kühlkreislauf.

Ladestecker von Harting für Schnellladung mit hohen Gleichströmen

Werden Fahrer von Plug-in-Hybriden oder Elektroautos künftig eher zu Hause oder an Ladestationen laden?
Ich gehe von einer Mischform aus. Das heißt, für den täglichen Weg zur Arbeit lädt man zu Hause, auf längeren Strecken an Schnell- oder Ultra-Schnellladestationen. Viele Menschen haben ja auch nicht die Möglichkeit, zu Hause zu laden.

Die Elektromobilität hat auch bei den Nutzfahrzeugen Einzug gehalten. Spüren Sie die wachsende Nachfrage?
Hier bekommen wir immer mehr Anfragen. Busbetreiber und Paketlogistikdienstleister stellen auf Elektroantrieb um und brauchen Lademöglichkeiten. Zum Beispiel sollen Transporter während des Beladens auch geladen werden. Hier arbeiten wir zum Beispiel mit Streetscooter zusammen.

Auf der IAA werden viele Elektrobusse gezeigt. Wo liegen bei diesen Fahrzeugen die Herausforderungen?
Busse werden vor allem über Nacht geladen, stehen aber in den Depots sehr eng, Stoßstange an Stoßstange. Da fehlt oft der Platz für Ladestationen. Aber auch da haben wir eine passende Lösung gefunden.

Die Fragen stellte Guido Reinking

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