Deutsches Städteranking zur Digitalisierung: Berlin kann auch smart sein

5.9.2025

Deutsches Städteranking zur Digitalisierung

Berlin kann auch smart sein

 

Die deutschen Städte kommen bei der Digitalisierung stetig voran. Das zeigt der Smart City Index des Wirtschaftsverbands Bitkom. Während Berlin im Gesamtranking nur im Mittelfeld landet, belegt es im Bereich Mobilität den ersten Platz – und schafft dabei als erste Stadt die volle Punktzahl in einer der fünf Top-Kategorien.

Bei vernetzter Mobilität im öffentlichen Personennahverkehr macht Berlin niemand etwas vor.
© querbeet – istockphoto

Ob smartes Verkehrsmanagement, Parken, ÖPNV, Sharing-Angebote, Multimodalität oder Letzte-Meile-Logistik – es gibt viele Ansatzpunkte, um den Verkehr in den Großstädten besser zu gestalten. „Digitale Technologien verbessern klassischen Verkehr auf der Straße und Schiene, sie bieten aber auch völlig neue Mobilitätsformen“, erläutert Sven Wagner, Smart-City-Experte des Bitkom, und verweist auf die für den Städtevergleich erhobenen Indikatoren. Wie die digitalen Lösungen konkret genutzt werden können, zeigt ausgerechnet Berlin, das bei der Mobilität den Spitzenplatz im aktuellen Smart City Index belegt. Dabei hat es erstmals in einer Kategorie bei allen Indikatoren die volle Punktzahl erreicht. Berlin, sonst eher bekannt für verpatzte Bundestagswahlen und endlose Wartezeiten in überforderten Behörden, kann auch smart sein.

 

Intelligente Ampeln und digitale Verkehrsschilder

 

Der Mobilitätsindikator smartes Verkehrsmanagement umfasst die Parameter intelligente Ampeln, digitale Verkehrsschilder und ein digitales Verkehrsschildkataster. Schon seit Dezember 2019 steht im Geoportal des Landes Berlin ein digitales Abbild mit Karte und Daten zu mehr als 3,8 Millionen Objekten des öffentlichen Straßennetzes frei zur Verfügung. Diese Daten werden auch vom Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg genutzt und sie bilden die Grundlage für das Forschungsprojekt SAFARI, das über drei Jahre das automatisierte und vernetzte Fahren untersuchte. Digitale Verkehrsschilder wiederum sind die Voraussetzung dafür, um den Verkehr situationsbedingt zu steuern. Die von Radardetektoren gesammelten Daten werden dafür von Verkehrsrechnern verarbeitet und die ermittelten Informationen auf den Schildern entsprechend angezeigt. Intelligente Ampeln benötigen ebenfalls die Daten des digitalen Zwillings und der aktuellen Verkehrsentwicklung, um den Verkehr bestmöglich fließen zu lassen.

Den ÖPNV mittels Handytickets und Kartenzahlung an Ticketautomaten, Fahrinformationen in Echtzeit und freiem WLAN in U-Bahnen und Bussen smarter zu machen, ist in der Mehrheit der 82 untersuchten deutschen Großstädte mit mehr als 100.000 Einwohnern möglich. Doch zum smarten ÖPNV gehört für die Bitkom-Experten auch das Vorantreiben des autonomen Fahrens. In Berlin gab es bereits mehrere Pilotprojekte mit autonom fahrenden Bussen der Berliner Verkehrsgesellschaft (BVG). Wenn es nach dem Willen der Berliner Senatsverwaltung geht, dann sollen autonom fahrende Linienbusse ab Mitte 2027 auch in der Innenstadt rechtssicher eingesetzt werden können.

Noch interessanter ist das Berliner Start-up Motor Ai, das die Zulassung von autonomem Fahren durch den Einsatz einer selbst entwickelten KI-Lösung vorantreibt. „Wir haben einen quasi dynamischen, regelbasierten Ansatz geschaffen. Das bedeutet, dass unser System deterministisch ist und somit reproduzierbare und überprüfbare Entscheidungen trifft“, erklärt Roy Uhlmann, CEO und Co-Gründer, den Unterschied der Software von Motor Ai zum klassischen Black-Box-Ansatz US-amerikanischer Unternehmen. Damit entspricht sie den hohen Sicherheits- und Rechtsstandards in Deutschland und der EU. Die Fahrzeuge werden aktuell bundesweit im Straßenverkehr erprobt. Ziel ist es, die Technologie schrittweise in den regulären Verkehr zu integrieren, zunächst für On-Demand Shuttle-Dienste im ÖPNV.

 

Fahrzeuge und Informationen teilen spart Platz und Zeit

 

Das Teilen von Autos, Fahrrädern und E-Rollern ist in fast allen deutschen Großstädten bereits möglich. In Berlin bieten verschiedene Unternehmen jedoch nicht nur Sharing-Angebote für alle vier Fahrzeug-Typen, sondern auch für Fahrten in kleinen Personentransportern (Ride-Sharing) an. Dabei wird das Carsharing seit einigen Jahren durch geringere Parkgebühren gefördert. Ute Bonde, Senatorin (CDU) für Mobilität, Verkehr, Klimaschutz und Umwelt, erklärt dazu: „Carsharing stellt individuelle Mobilität genau dann zur Verfügung, wenn sie benötigt wird. So müssen weniger Berlinerinnen und Berliner eigene Autos bereithalten, die oft ungenutzt am Straßenrand stehen. Mit den geringeren Parkgebühren fördert das Land Berlin weiterhin die klimafreundliche Mobilität des Carsharings.“

Die transmodale Nutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln und privaten Sharingangeboten an Mobilitätsstationen führt in Berlin meist am schnellsten zum Ziel.
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Wer dennoch mit dem eigenen Auto unterwegs ist, weiß das Smart Parking mit Informationen über freie Parkplätze in der Nähe via App zu schätzen. Noch besser wird es, wenn der gefundene Parkplatz anschließend über das Smartphone bezahlt werden kann. Beides ist in Berlin in einigen Stadtteilen schon möglich. Nicht nur in Berlin kommt man häufig am schnellsten von A nach B, wenn man verschiedene Transportmöglichkeiten wie Bus, U-Bahn und Leihfahrrad miteinander kombiniert. Das geht aber nur mittels Mobilitätsstationen, an denen man schnell von einem Verkehrsmittel auf ein anderes umsteigen kann, sowie einer multimodalen App, die die schnellste Verbindung dafür aufzeigt. Die BVG bietet dafür die Jelbi-App und sogenannte Jelbi-Stationen vorwiegend an S- und U-Bahnhöfen an.

Die letzte-Meile-Logistik umfasst alternative Zustellungsmöglichkeiten für Pakete auf den letzten Metern, etwa per E-Bike, Tram oder Drohnen, die Nutzung von Micro Hubs genannten kleinen Depots für die Paketzustellung und das Angebot anbieterübergreifender Paketstationen für die persönliche Abholung. All das hat Berlin bereits zu bieten, während dies in anderen deutschen Städten nur in jeder dritten oder zweiten Stadt möglich ist. Mit weiteren Digitalprojekten im Bereich Mobilität konnte sich Berlin auch die letzten Punkte für den Sieg mit voller Punktzahl sichern. Chapeau, denn das hätte man wohl eher den drei Gesamtsiegern München, Hamburg oder Köln zugetraut, aber Berlin ist eben immer für eine Überraschung gut.

Christoph Neuschäffer.

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