5.9.2025
Editorial:
Was Clara Ford wohl heute fahren würde?
Wäre das Elektroauto vor dem Auto mit Benzinmotor erfunden worden, so eine gängige These, hätte es sich schon lange durchgesetzt. Denn niemand wäre noch auf die Idee gekommen, eine stinkende, rappelnde „Benzinkutsche“ zu bauen – und niemand hätte sie gekauft. Klingt gut, stimmt aber nicht: Denn das Elektroauto ist zuerst erfunden worden: 1881 präsentierte der Franzose Gustave Trouvé auf der Internationalen Elektrizitätsausstellung in Paris ein dreirädriges, elektrisch betriebenes Fahrzeug. Carl Benz’ Benzinkutsche folgte erst vier Jahre später. Das erste Auto, das schneller als 100 km/h fuhr, war elektrisch betrieben. Um die Jahrhundertwende gab es in New York mehr Elektro- als Benzin-Autos – und jede Menge dampfgetriebene Fahrzeuge. Und die Ehefrau von Henry Ford, Clara, zog den „Detroit Electric“ (Foto) dem Model T ihres Gatten vor. Was der wohl dazu gesagt hat?
Das Elektroauto hat sich dennoch nicht durchgesetzt, weil die Probleme der Technologie Ende des 19. Jahrhunderts dieselben waren, die auch heute noch viele Kunden von einem E-Antrieb abhalten: Reichweite, Preis, Lade-Infrastruktur. Auf der IAA Mobility in München zeigt sich, dass die Autoindustrie und ihre Zulieferer diese Nachteile mit wachsendem Erfolg ausmerzen.
Wir haben in diesem Magazin ein paar Beispiele zusammengetragen: BYD, vor Tesla der größte Hersteller batterieelektrischer Autos weltweit, zeigt Verständnis für die Reichweiten-Nöte und bringt eine ganze Reihe von Plug-in-Hybriden aus China nach Deutschland. Darunter auch einen Kombi mit bis zu 1.350 Kilometern Reichweite. Wenn Benziner und E-Antrieb ihre Stärken kombinieren, dürfte auch mancher Diesel-Fan umdenken..

Guido Reinking beobachtet die Automobilindustrie seit 25 Jahren –
unter anderem für „Welt am Sonntag“, „Financial Times Deutschland“, „Automobilwoche“, und „Capital“. Er ist Chefredakteur des auto-medienportal.net.
Auch der Zulieferer Mahle nimmt sich des Themas an: Ein Range-Extender macht dem Elektroauto Beine, wenn die Batterie leer und keine Ladesäulen in Reichweite ist. Einen Elektroantrieb für Fahrräder haben die Stuttgarter ebenfalls im Programm. Mahle-Chef Arnd Franz dreht an jeder Schraube, um die Effizienz von Verbrennern und Elektroautos zu erhöhen. Seine Entwickler schauen sich sogar von der Natur ab, wie man leise und energiesparende Klimaanlagen baut.
XPeng zeigt neue Modelle mit 800-Volt-Technik, die schnell laden und weit fahren können. XPeng ist eine reine Elektromarke, arbeitet auch an autonomen Fahrsystemen und hat sogar ein flugfähiges Modell in der Entwicklung.
Die richtige Versicherung und jede Menge Beratung zum Thema E-Mobilität bietet Deutschlands größter Autoversicherer, die HUK-Coburg.
Wer mit begrenztem Budget ein Elektroauto sucht, dürfte sich fragen, welches Modell die größte Reichweite fürs Geld bietet. Wir haben die gängigsten Modelle auf dem deutschen Markt untersucht. 73 Euro kostet der Kilometer Reichweite beim günstigsten Modell. Es kommt nicht aus Deutschland.
VDA-Präsidentin Hildegard Müller sieht die deutsche Industrie im Technologiewettbewerb gut aufgestellt. Sorgen macht sie sich dennoch um den Standort. Denn die Arbeits-, Energie- und Bürokratiekosten sind hierzulande einfach zu hoch. Die Politik ist gefordert.
In Großstädten wie Hamburg, Berlin, München oder Frankfurt ist das Auto, ob elektrisch oder nicht, nur noch eines von vielen Mobilitätswerkzeugen – und oftmals weder das schnellste noch das bequemste. Im Smart City Index des Wirtschaftsverbands Bitkom hat sich Berlin in der Mobilitätswertung auf den ersten Platz vorgearbeitet. Berlin kann auch smart sein.
Damit das Auto der Zukunft nicht nur sauber, sondern auch smart wird, baut der IT-Spezialist Qualcomm seine Kommunikations- und Rechenchips in immer mehr Autos ein. Mittlerweile setzen auch BMW, Renault, Stellantis und viele andere auf die „Snapdragon“-Technologie der Kalifornier.
Der Wettbewerb ums autonome Auto ist mindestens so spannend wie der um den richtigen Antrieb. Auf diesem Feld wollen die deutschen Autohersteller die Konkurrenz aus China und den USA nicht so leicht vorbeiziehen lassen. Denn im Gegensatz zum Elektroantrieb bringt der elektronische Chauffeur auch dem Nutzer einen echten Vorteil. Das hätte sicher auch Clara Ford überzeugt.