5 MOBILITÄT MADE IN BRITAIN „Die Produktion des TX5 läuft langsam hoch“, sagt Forster. Insgesamt hat Geely 325 Millionen Pfund (350 Mio. Euro) in das neue Modell investiert. Dafür wurden unter anderem 1.000 Arbeitsplätze geschaffen und ein neues Werk mit einer Kapazität von 20.000 Fahrzeu- gen pro Jahr in Coventry gebaut – „das erste neue Autowerk im Vereinigten Königreich seit mehr als einem Jahrzehnt“, sagt Forster. „Wir haben eine neue Fabrik, ein neues Team und ein neues Auto. Das war natürlich eine Heraus- forderung.“ Bei der Entwicklung des Fahrzeugs konnte LECV zwar auf Volvo-Teile zurückgreifen, wie die Antriebsachse, dennoch mussten die Inge- nieure vieles von Grund auf neu entwickeln. Forster, der vor seiner Tätigkeit für Geely an der Spitze von Jaguar Land Rover stand, sieht Großbritannien als guten Entwicklungs- standort für solch ein Projekt: „Hier gibt es viele Fähigkeiten, die wir brauchen: Wir finden Leute, die Themen wie Getriebe-, Karosserie-, Motoren- oder Softwareentwicklung beherr- schen.“ Schließlich sei die Steuerung des E-Antriebs alles andere als trivial. Fachleute zum Thema Leichtbau kämen oft aus dem Motorsport oder der Flugzeugindustrie. UK gilt als das Silicon Valley des Rennwagenbaus. Davon hat auch das TX5-Projekt profitiert: Die Karosserie besteht aus Aluminium, der tra- gende Unterbau aus Strangpressprofilen. Das Leichtmetall wurde, wie im Flugzeugbau üblich, geklebt statt geschweißt. „Das ist für unsere Zwecke die ideale Technik“, sagt Forster. Obwohl sie reichhaltig Platz für Fahrgäste und einen bequemen Ein- und Ausstieg bieten, haben sich die Vorgängermodelle des TX5 außerhalb Londons nie wirklich durchgesetzt. Das soll mit dem Elektrotaxi anders werden. Aus den Niederlanden liegen bereits Bestel- lungen für 225 Autos für den Amsterdamer Taxibetreiber RMC vor. Der Messeauftritt auf der IAA in Frankfurt bringt den Elektroantrieb ins Bewusstsein des deutschen Taxi-Marktes. Denn auch hierzulande wächst das Interesse der Städte, Hybrid- oder Elektrotaxis einzu- setzen, um die Luftqualität zu verbessern. In Berlin sind bereits hunderte Toyota Prius mit Taxi-Schild unterwegs. Das war auch die Motivation von Transport for London (TfL), die für den öffentlichen Personen-Nahverkehr zuständige Behörde der britischen Hauptstadt: „Wir wollen die grünste und nachhaltigste Taxi-Flotte der Welt“, sagt Shirley Rodrigues, die zustände Bürgermeisterin Londons. Abgesehen von dem umweltschonenden Antrieb soll der TX5 für Taxifahrer auch ein lohnendes Geschäftsmo- dell werden: Da der Fahrer größtenteils elekt- risch unterwegs ist, spart er gegenüber dem Vorgänger durchschnittlich 100 Pfund (108 Euro) Treibstoffkosten pro Woche. Selbst wenn der Benzinmotor den Strom für den Elektro- antrieb liefert, soll der Verbrauch um die 6 bis 6,5 Liter Benzin auf 100 Kilometer betragen. Dabei ist die wöchentliche Leasing-Rate von 177 Pfund (192 Euro) nur etwas höher als die des dieselgetriebenen Vorgängermodells. Carl-Peter Forster ist Aufsichtsratsvorsitzender der London Electric Vehicle Company, dem Hersteller von TX5. Er sitzt ebenso im Aufsichtsrat von Geely Automotive Holdings und Volvo Cars. Zuvor arbeitete er für Jaguar Land Rover, Opel, BMW und McKinsey. Das erste neue Autowerk im Vereinigten König- reich seit mehr als einem Jahrzehnt!“ TITEL Text: Guido Reinking