So sicher wie Bus und Bahn

16.9.2016

SO SICHER WIE BUS UND BAHN

Mit dem großen Ziel arbeitet Autoliv mit Hochdruck am autonomen Fahren

Autonome Autos

Autonome Autos brauchen nicht nur Sensoren, sondern auch die Vernetzung untereinander, mit der Infrastruktur und einem Back-End als Kontrollraum.

Bisher ist der schwedische Automobilzulieferer Autoliv vor allem als Anbieter von Airbags und Sicherheitsgurten bekannt. Doch der Weltmarktführer von Insassen-Schutzsystemen arbeitet mit Hochdruck an einer Technologie, die solche Produkte auf lange Sicht überflüssig machen könnte, dem autonom fahrenden Auto. „In gleichem Maße, in dem sich autonom fahrende Autos entwickeln, lassen sich menschliche Fehler immer weiter reduzieren“, erklärt Autoliv-Vorstandschef Jan Carlson. „Letztlich werden diese Fahrzeuge in Sachen Sicherheit ein neues Niveau erreichen.“

Sicherheit im Vordergrund

„Bei uns steht die Sicherheit immer im Vordergrund, auch bei der autonomen Mobilität“, sagt Rüdiger Lang, als Director Global Technical Alignment bei Autoliv verantwortlich für die Zusammenarbeit mit Daimler. Daimler-Chef Dieter Zetsche hatte die Vision vom unfallfreien Fahren schon vor fünf Jahren zum Leitstern der technischen Entwicklung bei Mercedes-Benz erhoben. Kein anderes Fahrzeug als die neue E-Klasse hat derzeit mehr autonome Fahrfunktionen: Es kann im Stadtverkehr, auf Landstraßen und Autobahnen automatisch den korrekten Abstand zu vorausfahrenden Fahrzeugen und die Spur halten, beschleunigen, bremsen und lenken. Notbremsung oder Ausweichmanöver sind ebenfalls automatisiert. Autoliv war als strategischer Lieferant bei der Entwicklung stark involviert.

Auch mit Volvo arbeitet Autoliv eng zusammen. Der schwedische Zulieferer gehört zum Projekt „Drive Me – Selbstfahrende Autos für eine nachhaltige Mobilität”. „Wir freuen uns, Autoliv in der Drive Me Familie begrüßen zu dürfen”, sagt Håkan Samuelsson, Präsident und CEO von Volvo Cars. „Durch autonomes Fahren werden unsere Straßen sicherer. Je früher wir die hierfür erforderlichen Techniken entwickeln und sie in unseren Fahrzeugen anbieten können, desto besser.”

Für die Mercedes-Benz E-Klasse (W 213) liefert Autoliv Radarsysteme, Kameras, die Hardware-Plattform und die Software, die das teilautonome Fahren erst ermöglichen – oder, wie Ingenieure sagen: Das Fahrzeug beherrscht autonome Mobilität der Stufe zwei mit Fähigkeit zur Stufe drei. Stufe drei heißt, der Fahrer sollte jederzeit bereit sein, die Kontrolle zu übernehmen, kann aber die Hände zeitweise vom Lenkrad lassen.

Feldversuch in Göteborg

Damit hat die Technologie einen großen Schritt hin zum vollautonomen Fahrzeug der Stufen vier oder fünf unternommen. „Autonomes Fahren braucht zur Absicherung drei unabhängige Sensor-Systeme: Stereo-Kamera, Radar und Laser-Sensoren“, sagt Rüdiger Lang. Zudem müssen die Software, die Kamera- und Radarsysteme weiterentwickelt, Rechnerleistung und Speicherplatz im Auto erhöht werden. Lang: „Ziel muss es sein, das Sicherheitsniveau von Bus und Bahn zu erreichen.“

In fünf bis sechs Jahren hält Autoliv die Stufe fünf in Städten und Regionen für möglich, die darauf vorbereitet sind, wo es sehr genaues Kartenmaterial gibt oder die Infrastruktur mit dem Auto kommuniziert. Früher kommt das autonome Fahren nur in Feldversuchen auf die Straße. Im „Drive Me“-Projekt, in dem Autoliv mit Volvo zusammenarbeitet, werden 100 Fahrzeuge für das autonome Fahren ausgerüstet. Sie sollen ab 2017 auf freigegebenen Strecken in Göteborg im Alltagsbetrieb von Kunden getestet werden.

Werden Gurte überflüssig?

Autonome Mobilität könnte zukünftig auch den öffentlichen Personennahverkehr entlasten oder gar ersetzen. Denn solche Fahrzeuge erhöhen die Kapazität der vorhandenen Straßen, indem sie Staus vermeiden und einen hohen Sicherheitsabstand überflüssig machen.

Doch bis diese Systeme fehlerfrei funktionieren, müssen sie noch viel lernen. Lang: „Wie bringe ich einer Maschine bei, wie man rücksichtsvoll fährt? Oder wie man schwächere Verkehrsteilnehmer schützt?“ Um immer neue Verkehrssituationen zu erlernen, müssen autonome Fahrzeuge updatefähig sein. Aus dem Alltagsbetrieb werden Autos künftig mehr lernen können, als aus der einen Million Kilometer Fahrerprobung, die normalerweise vor einer Serienzulassung stehen.

Auf Airbags und Sicherheitsgurt werden Fahrzeuge zunächst dennoch nicht verzichten können, solange von Menschen gesteuerte, „assistierte“ und „hoch automatisierte“ Fahrzeuge im gleichen Verkehrsraum unterwegs sind und solange die Automaten vom Menschen überstimmt werden können. Aber irgendwann könnte es soweit sein.

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