Fertigung des Volkswagen ID.Buzz in Hannover: Roboter kosten mehr Jobs als die E-Mobilität

Bis zu 130.000 elektrische Bullis sollen im Jahr gebaut werden.

 

Ein Roboter nimmt das Seitenteil des VW ID.Buzz von einem Stapel, ein weiterer bringt an einigen Stellen Klebstoff auf. Dann wird das große, schwere Blechteil mit Unterboden, Dachstreben und dem gegenüberliegenden Seitenteil zu einer Rohkarosse zusammengefügt. „Dieses Teil hat bis hier noch kein Mensch berührt“, sagt Josef Baumert, Produktionsvorstand von Volkswagen Nutzfahrzeuge (VWN).

Noch bei keinem anderen Modell war die Automatisierung der Produktion im Nutzfahrzeugwerk Hannover so hoch wie beim ID.Buzz. Wo früher Menschen den VW Amarock gebaut haben, fertigen nun 700 Roboter die gesamte Karosserie des ersten vollelektrischen Transporters von VW. Mitarbeiter werden nur noch zur Qualitätskontrolle, bei Störungen und zur Versorgung der Roboterstraßen mit Teilen gebraucht. „Wenn wir die Industrie in Deutschland erhalten wollen, haben wir gar keine andere Wahl. Wir müssen automatisieren“, sagt Produktionschef Baumert. Sechs bis sieben Euro kostet ein Roboter in der Stunde, sein menschlicher Kollege das zehnfache.

Fertigungschef Josef Baumert vor dem Antriebsmodul des VW ID.Buzz

Fertigungschef Josef Baumert vor dem Antriebsmodul des VW ID.Buzz

Der immer wieder geäußerte Vorwurf, die E-Mobilität vernichte in der deutschen Automobilindustrie jeden dritten Arbeitsplatz – für VW Nutzfahrzeuge trifft er nicht zu. Im Gegenteil: Das Werk, das den Antrieb der Bullis und Multivans schon immer von anderen Standorten geliefert bekam, will ab 2024 die Batterie der Elektrofahrzeuge selbst bauen und damit die Fertigungstiefe erhöhen.

Im VW-Werk Hannover ist weniger die E-Mobilität Treiber des Wandels, sondern es sind Automatisierung und Digitalisierung, sagt Stavros Christidis, Betriebsratsvorsitzender bei VW Nutzfahrzeuge. Er kämpf dafür, den Abbau von Arbeitsplätzen sozialverträglich zu gestalten: „Denn nur dann wird der Wandel auch von der Belegschaft akzeptiert.“ Mittel- bis langfristig werde es weniger Beschäftigte geben, das betreffe alle Standorte. „Anders geht es nicht, wenn wir wettbewerbsfähig bleiben wollen.“ Der größte Teil des Abbaus soll über die natürliche Fluktuation erfolgen: „Auch bei VW gehen in den nächsten Jahren die geburtenstarken Jahrgänge in Altersteilzeit und dann in Rente. Diese Stellen werden dann nicht neu besetzt.

Stattdessen wird die Automatisierung weiter vorangetrieben: „Im Karosseriebau den ID.Buzz sind über 90 Prozent der Arbeiten automatisiert“, sagt Produktionschef Baumert. Zuvor waren es noch 75 Prozent. 4000 Beschäftigte wurden umgeschult, um eine reibungslose Produktion zu gewährleisten. Sie tragen Smartwatches am Handgelenkt, die Anzeigen, wo Teile ans Band geliefert oder Störungen behoben werden müssen.

Eine Smartwatch meldet den Mitarbeitern, wenn einer Roboter ein Problem hat.

Störungen kommen in der neuen Fertigung zunächst häufiger vor, „was ganz normal ist“, sagt Baumert. In der Endmontage des ID-Buzz, der am gleichen Band wie der Diesel- und Benzin-getriebene VW T6.1 entsteht, herrscht noch Handarbeit vor. Mitarbeiter müssen zum Beispiel ins Fahrzeug steigen, um Teile zu montieren, oder über Kopf arbeiten. Solche „roten Arbeitsplätze“, wie sie im Fachjargon heißen, gehen auf die Gesundheit. Die will VWN als nächstes automatisieren. Mittelfristig sollen dann auch in der Endmontage Roboter die meiste Arbeit übernehmen.

Qualitätskontrolle des VW ID.Buzz

Qualitätskontrolle des VW ID.Buzz

Das Scharnier für die Heckklappe befestigt ein Roboter im ID.Buzz

Derzeit werden am Tag 45 ID.Buzz gebaut. Bis zum Jahresende soll sich die Zahl vervierfachen. Im nächsten Jahr sollen 50.000 bis 60.000 ID.Buzz gebaut werden, wenn die verlängerte US-Version in Produktion geht, werden es bis zu 130.000 sein. Ende des Jahrzehnts, sagt Baumert, sollen 55 Prozent der Fahrzeuge von VWN in Europa batterie-elektrisch angetrieben werden. Es wird dann weniger Arbeitsplätze bei VW Nutzfahrzeuge geben, „aber sie werden sicherer sein“.

Guido Reinking

 

Lidar geil – warum Startups, Autohersteller und nun auch Tesla mit Hochdruck an dem Laser-Radar arbeiten

 

Las Vegas. Für Henrik Green, den Entwicklungschef von Volvo Cars, ist klar: „Der Schlüssel zum sicheren, automatisierten Fahrens ist, dass ein Auto seine Umgebung richtig versteht.“

Und weil für die Schweden Sicherheit schon immer oberste Priorität hatte, gibt es für Green nur eine Technologie, die das Gewährlisten kann: „Nur Lidar liefert ein dreidimensionales Bild von der Umgebung des Autos.“ Es muss Menschen, Autos, Radfahrer erkennen, sehen ob die Straße vor dem Fahrzeug frei ist oder Überholen gefahrlos möglich ist. Ohne Lidar, da ist sich Volvo mit der Mehrzahl der Autohersteller und Zulieferer einig, wird es nicht gehen. Ein Lidar („light detection and ranging“) tastet mittels Laserstrahlen permanent die Umgebung eines Autos ab und errechnet aus den Reflexionen ein dreidimensionales Bild.

Aufgelöst in Bildpunkte: So sieht das Lidar des israelischen Startups Innoviz einen Hund.

Weil automatisiertes Fahren – bis hin zum völlig selbständigen Roboterauto – nach der Elektrifizierung des Antriebs das nächste große Ding in der Automobilindustrie ist, arbeiten weltweit rund 70 Startups und IT-Firmen an der Entwicklung von Lidar. Nur eine Handvoll werden es ins Ziel schaffen und kompakte, aber vor allem preiswerte Lidar-Systeme zu entwickeln, die sicher genug sind für autonome Autos. Der Kuchen, den es zu verteilen gibt, ist riesig: Auf 50 Milliarden US-Dollar bis 2030 schätzt der Autozulieferer Valeo den Markt für Lidar. Dann im nächsten Jahrzehnt werden viele Fahrzeuge mit automatisierten Fahrfunktionen angeboten und auch die ersten vollautonomen Autos unterwegs sein.

Die ersten zaghaften Schritte hin zum Roboter auf vier Rädern haben die Autohersteller noch ohne Lidar unternommen. Es war ihnen schlicht zu teuer und zu komplex. Elon Musk lehnte Lidar zunächst ganz ab: „Wer auf Lidar setzt, ist auf dem Holzweg“, sagte der Tesla-Chef und ließ seinen Fahrzeuge mit einem „Autopilot“ auf die Straßen, der sich vor allem nach Kamerabildern orientiert. Nachdem automatisiert fahrende Teslas reihenweise verunglückt sind – jüngst kollidierten sie sogar mit Einsatzfahrzeugen von Polizei und Feuerwehr oder überfuhren Stoppschilder – wurden nun die ersten Tesla-Prototypen mit Lidar-Sensoren gesehen. Auch Elon Musk hat offenbar erkannt, dass die Laser-Sensoren Lidar geil sind.

Trost für Tesla: Die Entwickler der vielen Startups arbeiten vor allem daran, die Systeme kleiner und preiswerter zu machen. Eines davon ist Luminar aus Palo Alto, Kalifornien. 2012 von dem damals erst 16jährigen Austin Russel gegründet, schloss Luminar im vergangenen Jahr eine Kooperation mit Volvo Cars und in diesem Jahr mit Mercedes-Benz: Gemeinsam wollen die Unternehmen Technologien für das hochautomatisierte Fahren entwickeln. Schon bald soll die aktuelle Lidar-Technik von Luminar in Serien-Fahrzeugen von Mercedes-Benz integriert werden. Der Automobilhersteller verspricht sich von der Partnerschaft die schnellere Entwicklung autonomer Autos.

„Mit Erreichen des SAE Level-3-Standards beim automatisierten Fahren hat Mercedes-Benz bereits einen wichtigen Meilenstein erreicht. Ich bin fest davon überzeugt, dass Partnerschaften unsere Ambitionen in dem, was wir in Zukunft noch erreichen wollen, klar vorantreiben”,
sagt Mercedes-Entwicklungschef Markus Schäfer.

 

Als erster Hersteller hat Mercedes eine Zulassung für Level 3 erreicht, das heißt: Bis 60 km/h darf der Mercedes EQS auf der Autobahn fahren, ohne dass der Fahrer eingreift, also vor allem im Stau und bei dichtem Verkehr. Dafür besitzt das Auto auch einen ersten Lida-Sensor in der Front.

Luminar hat das Lidar bereits so verkleinert, dass es oberhalb der Windschutzscheibe kaum sichtbar integriert werden kann und trotzdem 600 Meter weit reicht, weiter als jede Kamera und das Abstandsradar. Ein beweglicher Spiegel lässt den Laserstrahl die Umgebung abtasten. Das macht das System kompakter als die ersten Lidar, die noch mit beweglichen Lasern gearbeitet haben.

Das israelische Startup Opsys jedoch geht nach einen Schritt weiter: Es kommt völlig ohne bewegliche Teile aus. „Was sich bewegt geht irgendwann kaputt und muss gewartet werden“, sagt Eitan Gertel, Chef des israelischen Startups. Das Geheimnis von Opsys: Das Unternehmen hat es geschafft, 5000 Laser auf einem winzigen Silicon-Chip zu bündeln. Deren Blitze tasten tausend Mal pro Sekunde in einer Entfernung von bis zu 300 Metern die Umgebung des Autos ab. Eitan Gertel: „Wir liefern ein dreidimensionales Bild, 30mal genauer als das menschliche Auge.“ In zwei bis drei Jahren will Opsys mit seiner Entwicklung serienreif sein. Mit dem südkoreanische Zulieferer SL Corp hat Opsys einen ersten Kunden gewonnen.

Silc Technologies, ein kalifornisches Startup, arbeitet bei der Entwicklung mit Jaguar Land Rover zusammen. Auch Silc konzentriert seine Lidar-Sensoren auf einem Computerchip. Das Modul ist so klein, dass es sogar in die vorhandenen Scheinwerfer eines Jaguar i-Pace eingebaut werden kann. Vorbei die Zeiten, als automatisierte fahrende Prototypen von Jaguar mit großen Lidar-Modulen auf dem Dach, entwickelt von der Google-Muttergesellschaft Alphabet, herumfahren mussten. Silc hat mit seinem „Eyeonic“ genannten System das bisher kleinste Lidar gebaut.

Verkleinern, Kosten und Komplexität reduzieren, das hat sich auch Innoviz zum Ziel gesetzt. Das Startup aus Tel Aviv hat bereits mehrere Generationen Lidar entwickelt und ist seinem Ziel jedes Mal ein Stück näher gekommen:

„Wir sind mit hoch komplexen, sperrigen Systemen gestartet die zehntausende Dollar kosteten und dennoch nicht die Anforderungen der Automobilindustrie hinsichtlich Haltbarkeit erfüllten“;
sagt ein Innoviz-Sprecher.

 

Mit seinem 360-Grad-Lidar habe Innoviz nun die Anforderungen der Industrie erfüllt. BMW hat nun angekündigt, mit dem israelischen Startup weiter zu arbeiten, um autonome Fahrzeuge bis zu Level 4 zu entwickeln. Das heißt, die Fahrzeuge haben zwar noch ein Lenkrad, können aber eigentlich schon selbstständig von A nach B fahren. Das Rennen um das beste Lidar geht damit in die entscheidende Runde.

Guido Reinking

Brennstoffzelle oder Batterie?
Für Vielfahrer ist das keine Frage

 

Im Audi e-tron GT von München nach Hamburg, im Toyota Mirai zurück. Danach ist ziemlich klar, welchem Antrieb auf solchen Strecken die Zukunft gehört.

In der Stadt, auf kurzen Wegen, spielen Elektroautos mit Batterie ihre Stärken aus: Lokal abgasfrei, mit Bremsenergie-Rückgewinnung sparsam, an Ladesäulen schnell nachgeladen. Aber wie sieht es mit längeren Strecken aus? Begrenzte Reichweite und lange Ladezeiten schrecken Viel- und Langstreckenfahrer bisher noch ab.

Audi e-tron GT

Audi e-tron GT: Das viertürige Sportcoupé beschleunigt wie ein Sportwagen und fährt 250 km/h – was leider nicht gut für die Reichweite ist.

Dabei gibt es Elektroautos, die sich in wenigen Minuten volltanken lassen. Sie speichern die elektrische Energie nicht in einer Batterie, sondern produzieren den Strom in einer Brennstoffzelle aus Wasserstoff und lassen als einzige „Abgas“ Wasserdampf und gefilterte Luft ins Freie. Wir haben beide Konzepte dem Test im wahren Leben unterzogen, sind mit einem Batterieauto (Audi e-tron GT) von München nach Hamburg gefahren, mit einem Wasserstoffauto (Toyota Mirai) zurück.

Denn in der Automobilindustrie ist ein Glaubenskrieg entbrannt, der mit geradezu religiösem Eifer ausgetragen wird. Auf der einen Seite Volkswagen, dessen Vorstandschef Herbert Diess nicht müde wird, den Wasserstoff-Antrieb schlecht zu reden:

„Das Wasserstoff-Auto ist nachgewiesen NICHT die Klimalösung. Scheindebatten sind reine Zeitverschwendung. Bitte auf die Wissenschaft hören!“,
twitterte der VW-Chef.

 

Auf der anderen Seite Toyota, Hyundai, jüngst auch BMW und Daimler, die im Wasserstoff zumindest einen wichtigen Baustein für die klimaneutrale Mobilität sehen.

Wie würde wohl der Kunde entscheiden, wenn er die Wahl hätte? Wir machen die Probefahrt aufs Exempel. Die Fahrt mit dem Audi e-tron GT beginnt sehr sportlich: Bis zu 530 PS geben die beiden Elektromotoren an beiden Achsen ab. Von null auf hundert geht es in 4 Sekunden. Das ist Sportwagen-Niveau. Dabei erzeugt der Audi ein synthetisch klingendes Fahrgeräusch. Muss das sein?

Über 800 Kilometer sind es bis Hamburg. Wir haben aber bei 666 Kilometern einen Übernachtungsstopp geplant. Auch für diese Teilstrecke will der Audi zwei Mal nachgeladen werden. Denn die 487 Kilometer theoretische Reichweite stehen nur auf dem Papier. Mehr als 390 Kilometer zeigt die Reichweitenanzeige nie an. Über 400 Kilometer sind nur bei sehr moderater Fahrweise zu erreichen, ohne die Höchstgeschwindigkeit von 250 km/h zu testen.

 150 Kilowatt: Mehr gab die Ionity-Ladesäule nicht her.

150 Kilowatt: Mehr gab die Ionity-Ladesäule nicht her. Preis pro Kilowatt: 0,79 Euro (ohne Vertrag) – bei einem Verbrauch von 23 kW/h kostet der e-tron damit 18 Euro auf 100 Kilometer.

Ein Mega-Stau auf der A 7 vor dem Kreuz Feuchtwangen lässt uns umplanen. Nach 244 Kilometern, es sind noch 149 Kilometer in der 85 Kilowattstunden (kWh) großen Batterie, wollen wir in Dinkelsbühel einen Schnelllader nutzen, der bis zu 135 Kilowatt (kW) abgibt. Theoretisch kann der e-tron GT, ein technischer Zwilling des Porsche Taycan, mit bis zu 270 kW geladen werden. Doch solche Ladesäulen sind selten. Leider wird der Schnelllader in Dinkelsbühel nicht nur falsch im Navi angezeigt, er funktioniert auch nicht. „Ladesystem: Störung“, steht im Display des Audi. Also fahren wir am Stau vorbei zur Autobahnraststätte Aurach an der A6. Dort gibt es eine Ionity-Ladestation, die bis zu 350 kW abgeben soll. Real sind es dann nur 156 kW. Das reicht uns aber, um in knapp 30 Minuten wieder auf fast volle Ladung zu kommen.

Weiter geht’s zum zweiten Ladepunkt am Kirchheimer Dreieck, 240 Kilometer entfernt. Hier werden 300 kW versprochen. Auch hier lädt der Audi nicht mehr als 150 kW. Nach dem Besuch im Burgerking ist der Audi wieder auf 100 Prozent geladen. Nach 231 weiteren Kilometern ist das Zwischenziel erreicht – mit 160 Kilometern Restreichweite. Zehn Stunden für einen Weg von 666 Kilometern, wobei sicher eine Stunde dem Stau geschuldet ist. Das ist dennoch zu viel. Die letzte Hamburg-Etappe (213 Kilometer) verläuft mit einer Batterieladung ohne Probleme. Rund 23 kWh verbrauchte der e-tron GT auf 100 Kilometer. Das ist viel, für ein Auto mit dieser Leistung aber nicht zu viel.

Toyota Mirai: In zweiter Generation sieht die Limousine sehr gefällig aus.

Toyota Mirai: In zweiter Generation sieht die Limousine sehr gefällig aus. Unter der Fronthaube produziert eine Brennstoffzelle Strom aus Wasserstoff.

Dann zurück mit dem Toyota Mirai. Er sieht nicht ganz so sportlich aus wie der e-tron GT, ist mit 182 PS auch nicht so üppig motorisiert. Er ist aber mit 53.000 Euro Grundpreis auch nur halb so teuer wie der Audi. Dennoch vermisst man nichts, denn auch der Mirai hat ordentlich Drehmoment. Doch was noch wichtiger ist: Er ist so unglaublich leise. Ein leichtes rauschen der von der Brennstoffzelle angesaugten Luft ist alles, was man vom Antrieb hört.

Mit 700 Bar: Wasserstofftankstelle in der Hafencity von Hamburg.

Mit 700 Bar: Wasserstofftankstelle in der Hafencity von Hamburg. 1,3 Kilogramm H2 verbraucht der Mirai auf 100 Kilometer. Kosten pro Kilo: 9,50 Euro – macht 12 Euro auf 100 Kilometer.

Über 400 Kilometer Reichweite schaffen wir im Mirai problemlos mit den 5,6 Kilogramm Wasserstoff, die mit 700 bar Druck in den Tank gepresst werden. Beim ADAC-Test waren es sogar über 500 Kilometer. Beim ersten Tankstopp nach 390 Kilometern in Leipzig der erste kleine Schock: Der Wasserstoff will nicht strömen. Bei 29 Kilometern Restreichweite wäre das blöd, denn die nächste Wasserstoff-Tankstelle ist 150 Kilometer weit weg, in Hof. In Ostdeutschland ist das Netz an Wasserstoff-Stationen doch sehr dünn. 91 gibt es derzeit in Deutschland.

Beim zweiten Versuch klappt es problemlos. In drei Minuten ist der Tank wieder voll. Weiter geht’s bis Nürnberg, wo sich das Spiel wiederholt: H2-Karte einlesen, Pin eingeben, Zapfpistole einklinken, bei der Tanksäule auf Start drücken, in minutenschnelle zischt der Wasserstoff in den Tank des Mirai. Achteinhalb Stunden nach dem Start in Hamburg sind wir am Ziel bei München. Schneller wären wir mit einem Diesel auch nicht gewesen.

Fazit:

Für Viel- und Langstreckenfahrer ist die Wasserstoff-Brennstoffzelle nicht nur eine Alternative zum batterieelektrischen Auto, sie ist alternativlos – wenn man ihnen denn die Wahl lässt. Ein typischer Vertreter fährt 40.000 Kilometer im Jahr. Selbst mit einem modernen, schnell ladenden Elektroauto würde er jedes Jahr mehr als zehn Arbeitstage wartend an einer Ladesäule verbringen. Verschenkte Arbeits- und Lebenszeit.

Zudem ist der Toyota Mirai ein sehr komfortables und alltagstaugliches Auto. Alles was uns an dem Modell nicht gefällt (Infotainment von gestern, kleiner Kofferraum bei fast fünf Metern Außenlänge) hat nichts mit den Antrieb zu tun.

Bleibt noch die Frage, woher der Wasserstoff kommen soll. Heute wird er größtenteils aus Erdgas, also nicht klimaneutral produziert – was er übrigens mit dem elektrischen Strom gemeinsam hat. Laut Toyota wäre allein die jedes Jahr ungenutzt verschwendete Wind- und Sonnenenergie in Deutschland ausreichend, um 1,4 Millionen Mirai zu betreiben. Hinzu kommt die Möglichkeit, Wasserstoff aus Ökostrom herzustellen, wo die Sonne immer Scheint (Sahara) oder der Wind immer weht (Chile). Statt Öl aus Arabien importierten wir „flüssiges Sonnenlicht“ aus Afrika. Klingt nach Zukunft.

Guido Reinking

Die deutsche Automobilindustrie hat geschlafen – aber nicht bei der Elektromobilität

 

Der Vorwurf, die deutschen Autohersteller hätten die Elektromobilität verschlafen, wird durch ständiges Wiederholen nicht richtiger. Wie kann man eine Technologie verschlafen, für die es kaum Nachfrage gibt? Es sei denn, Staaten schütten immer größere Kübel an Subventionen in den Markt und bauen dem Verbrennungsmotoren immer höhere regulatorische Hürden. weiterlesen >

Verbrenner-Verbot: Autobranche stellt sich selbst ein Bein

Die Forderung des Bundesrates, ab 2030 keine Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor mehr in Deutschland zuzulassen, hat in den Führungsetagen der deutschen Autohersteller und Zulieferer für Entsetzen gesorgt. Dort weiß man, dass ohne die Gewinne aus dem Verkauf herkömmlicher Fahrzeuge die Investitionen in die derzeit noch unprofitable E-Mobilität – und viele andere Themen – kaum möglich sind.

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